Die Medizinalflora der Schweiz umfasst eine breite Auswahl an Pflanzen zur Unterstützung der Leber. Löwenzahn (Taraxacum officinale), Mariendistel (Silybum marianum), Gelber Enzian (Gentiana lutea), Schafgarbe (Achillea millefolium) usw. werden sowohl als Hausmittel als auch in der rationalen Phytotherapie eingesetzt. Einige der heute noch gebräuchlichen Leberpflanzen weisen eine jahrhundertealte Tradition auf und werden bereits seit der Antike für diese Anwendung beschrieben.

Homemade remedies · Folk medicine · Medicinal landscape · Herbalists

The Use of Traditional Herbal Plants for the Liver

The Swiss medicinal flora comprises a broad selection of plants to support hepatic functions. The following plants are used as homemade remedies as well as evidence-based phytotherapeutics: dandelion (Taraxacum officinale), milk thistle (Silybum marianum), yellow gentian (Gentiana lutea), common yarrow (Achillea millefolium), and so forth. Some of the hepatic plants still in use today show a tradition lasting for more than two millennia.

Die Schweizer Volksheilkunde kennt verschiedene pflanzliche Hausmittel für Leber und Galle aus Löwenzahn (Taraxacum officinale) (Abb. 3), Schafgarbe (Achillea millefolium), Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraeae) (Abb. 6), Mariendistel (Silybum marianum) (Abb. 4), Artischocke (Cynara scolymus), Wegwarte (Cichorium intybus) (Abb. 7), Wermut (Artemisia absinthium) oder Grosser Klette (Arctium lappa) (Abb. 1). Diese sollen die Leber in ihrer Entgiftungs- und Stoffwechselfunktion unterstützen und stärken. Die Anwendungen reichen von Kräutertee über Tinkturen zu Wickeln und Kompressen. Bei den Hausmitteln handelt es sich um einen vielfältigen Grenzbereich zwischen Ernährung, Gesundheit und Wohlbefinden, der individuell nach eigenen Fähigkeiten und Bedürfnissen gestaltet wird (Kasten 1). In der Anwendung von Hausmitteln werden eigene Erfahrungen gesammelt und das traditionelle Wissen lebendig weiterentwickelt.

Fig. 1

Klettenwurzel (Arctium lappa) (Copyright: Franco und Maja Dal Cero).

Fig. 1

Klettenwurzel (Arctium lappa) (Copyright: Franco und Maja Dal Cero).

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Fig. 3

Löwenzahnwurzel (Taraxacum officinale) (Copyright: Franco und Maja Dal Cero).

Fig. 3

Löwenzahnwurzel (Taraxacum officinale) (Copyright: Franco und Maja Dal Cero).

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Fig. 4

Mariendistel (Silybum marianum) (Copyright: Franco und Maja Dal Cero).

Fig. 4

Mariendistel (Silybum marianum) (Copyright: Franco und Maja Dal Cero).

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Fig. 6

Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraeae) (Copyright: Franco und Maja Dal Cero).

Fig. 6

Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraeae) (Copyright: Franco und Maja Dal Cero).

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Fig. 7

Wegwarte (Cichorium intybus) (Copyright: Franco und Maja Dal Cero).

Fig. 7

Wegwarte (Cichorium intybus) (Copyright: Franco und Maja Dal Cero).

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Doch auf welche Tradition stützen sich diese auch heute noch gut verankerten Anwendungen bei Laien und Experten?

Auf der Spurensuche nach Heilpflanzentraditionen am Beispiel von Leberpflanzen sind ethnobotanische Perspektiven hilfreich. Dabei wird nämlich die aktuelle Medizinalflora als Resultat einer Entwicklung im Wechselspiel von natürlichen, ökonomischen und soziokulturellen Faktoren untersucht. Anhand einer kurzen Analyse der aktuellen Medizinalflora der Schweiz werden gebräuchliche Leberpflanzen identifiziert und praktische Anwendungen als Hausmittel aufgezeigt.

Die Auswahl der aktuell gebräuchlichen Arzneipflanzen in der Schweiz ist abhängig von der lokal verfügbaren Flora. Mehrheitlich werden in der Volksheilkunde lokale Arzneipflanzen bevorzugt, die in Gärten, auf dem Feld und im Wald wachsen oder die seit Jahrhunderten über die alten Handelswege nach Europa gebracht werden. Im Laufe der Zeit ist die Medizinalflora jedoch aufgrund von Veränderungen der ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, wie z.B. Handelsbeziehungen und Vorstellungen zu Medizinalkonzepten, einem steten Wandel unterworfen.

Eine eingehende Analyse der Medizinalflora der Schweiz zeigt bei einer grossen landschaftlichen Vielfalt auf kleinem Raum (41 285 km2) eine beachtliche Diversität der lokalen Flora. Von den insgesamt ca. 2500 Arten der Schweizer Flora wurden im Verlauf der letzten 2000 Jahre (von der Antike bis zur Gegenwart) etwa 30% als Arzneipflanzen in den schriftlichen Quellen dokumentiert [1]. Typischerweise zeigt sich im Laufe der Zeit eine Verschiebung der bevorzugten Arten; während einzelne Arzneipflanzen neu dazukommen, geraten andere in Vergessenheit. Trotz dieser Entwicklung findet man einen Kern von rund 100 Arzneipflanzen, die in allen untersuchten Epochen zum schriftlich überlieferten Arzneipflanzenschatz gehört haben. Die Veränderungen ergeben sich hauptsächlich aus folgenden Faktoren: Die antiken Autoren (Hippokrates von Kos: 5. Jahrhundert v. Chr., Dioskurides: 1. Jahrhundert n. Chr., Galen: 2. Jahrhundert n. Chr. usw.), d.h. die wichtigste Quelle für schriftlich überliefertes Wissen bis über die Renaissance hinaus, beschrieben hauptsächlich die Mittelmeerflora. Dies veranlasste mittelalterliche Kräuterkundige in den Klöstern, nach lokalen Substituten zu suchen. So kam ein Austausch zwischen mündlich überliefertem lokalem Kräuterwissen und schriftlichen Überlieferungen in Gang (z.B. Lorscher Arzneibuch: 9. Jahrhundert, Macer floridus: 11. Jahrhundert). Die Entdeckung neuer Kontinente und die Erschliessung bisher unbekannter Handelswege ab dem 16. Jahrhundert veränderte schleichend auch die europäische Flora. Neue Pflanzen wie Eukalyptus oder Echinacea konnten sich in der Folge in der Medizinalflora etablieren. Bis im letzten Jahrhundert waren Pflanzen weiterhin die wichtigsten Ressourcen für die Heilmittelherstellung. Zunehmend wurden die komplexen pflanzlichen Vielstoffgemische durch synthetisch hergestellte Monopräparate abgelöst, sodass heute die Anwendung von Arzneipflanzen nur noch eine von verschiedenen Möglichkeiten ist. Gegenwärtig wird nun die Auswahl der gebräuchlichen Arzneipflanzen weitgehend durch wissenschaftliche Evidenz bestimmt.

Eine weitergehende Studie anhand von Interviews mit kräuterkundigen Spezialisten in der Schweiz hat gezeigt, dass in allen Bereichen der medizinischen Landschaft weiterhin Arzneipflanzen - allerdings teilweise mit unterschiedlichen Vorstellungen zur Wirkungsweise - angewendet werden [2]. In der modernen Schulmedizin steht die naturwissenschaftlich geprägte Phytotherapie im Vordergrund, die auf Wirkstoffen und Wirkmechanismen beruht. In den familiären Traditionen der Volksheilkunde sind es oft sensorische und emotionale Aspekte (Geschmack, Geruch, positive Erinnerungen usw.), die den Gebrauch der Arzneipflanzen prägen.

Diese auf den ersten Blick unterschiedlichen Herangehensweisen an die Pflanzenauswahl zeigen in der Praxis trotzdem eine Übereinstimmung. Es gibt innerhalb der grossen Vielfalt von traditionellen Leberpflanzen auch eine beträchtliche Auswahl an Pflanzen wie Mariendistel (S. marianum), Artischocke (C. scolymus), Löwenzahn (T. officinale) oder Gelbwurz (Curcuma sp.), die bezüglich pharmakologischer Eigenschaften gründlich untersucht und auch in der Schulmedizin etabliert sind.

Eine Auswertung der etwa 100 Arzneipflanzen, die im Laufe der gesamten historischen Entwicklung von der Antike bis zur Gegenwart als Arzneipflanzen verwendet wurden, zeigt eine Auswahl an 34 Pflanzen, die für gastrointestinale Beschwerden (inklusive spezifischer Leberprobleme) dokumentiert sind [3]. Darunter befinden sich unter anderem:

Odermennig (Agrimonia eupatoria), Knoblauch (Allium sativum), Eibisch (Althaea officinalis), Dill (Anethum graveolens), Wermut (A. absinthium), Kümmel (Carum carvi) (Abb. 2), Schöllkraut (Chelidonium majus), Wegwarte (C. intybus), Fenchel (Foeniculum vulgare), Gelber Enzian (Gentiana lutea), Alant (Inula helenium), Liebstöckel (Levisticum officinale), Malve (Malva sylvestris), Andorn (Marrubium vulgare), Kamille (Matricaria chamomilla), Zitronenmelisse (Melissa officinalis), Minze (Mentha spp.), Petersilie (Petroselinum crispum), Weinraute (Ruta graveolens), Thymian (Thymus spp.).

Fig. 2

Kümmelsamen (Carum carvi) (Copyright: Franco und Maja Dal Cero).

Fig. 2

Kümmelsamen (Carum carvi) (Copyright: Franco und Maja Dal Cero).

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Bei der Hälfte dieser Pflanzen haben pharmakologische Untersuchungen Bitterstoffe, ätherische Öle und Schleimstoffe nachgewiesen, und bezüglich ihrer Wirksamkeit sind sie ausführlich dokumentiert worden [4,5,6]. Mit anderen Worten könnte man sagen, dass für rund 17 Pflanzen eine mehr als zweittausendjährige Tradition als Verdauungspflanzen besteht, die auch der heutigen wissenschaftlichen Evidenz genügt.

Vergleicht man die Pflanzen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt (also nicht unbedingt über die ganze Zeitspanne) im Laufe der Geschichte für gastrointestinale Beschwerden eingesetzt wurden, so zeigt sich eine noch weit grössere Vielfalt, nämlich rund 95 Arten. Man kann daraus schliessen, dass die Behandlung von Verdauungsbeschwerden ein zentrales gesundheitliches Problem ist, das gut mit pflanzlichen Arzneimitteln behandelt werden kann. Viele Arzneipflanzen weisen zu diesem Zweck auch eine geeignete Kombination von Bitterstoffen und ätherische Ölen auf.

Allgemein unterstützen pflanzliche Lebermittel die Entgiftungsfunktion und die Stoffwechselaufgaben der Leber und regen die Zellneubildung an. Dazu eignet sich eine stattliche Anzahl von Pflanzen insbesondere aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae) und der Enziangewächse (Gentianaceae)(Kasten 2).

Die botanische Familie der Asteraceae, zu der auch der Löwenzahn gehört, umfasst sehr viele bitterstoffhaltige Pflanzen. Die Wegwarte (C. intybus) wird in der mittelalterlichen Literatur gelegentlich wie der Löwenzahn als «Sunnewirbel» bezeichnet und soll in der Wirkung sehr ähnlich sein, was auch im Kräuterbuch von Tabernaemontanus angemerkt ist:

«Es haben die Röhrleinkreuter (Löwenzahn) ein Krafft und Eygenschafft zu külen / und zu trucknen / wie die Wegwarten / doch trucknen sie etwas mehr von wegen jhrer Bitterkeit / darmit sie die Wegwart ubertrifft / …» [8].

Unter den Disteln, ebenfalls eine Pflanzengruppe aus der Familie der Asteraceae, etwa sind Mariendistel (S. marianum), Artischocke (C. scolymus), Benediktenkraut (Cnicus benedictus) oder Ackerdistel (Cirsium arvense) zu finden. Und nicht zu vergessen sind schliesslich auch die drei Artemisien: Wermut (A. absinthium), Eberraute (Artemisia abrotanum) und Beifuss (Artemisia vulgaris) als Amara aromatica. Sie alle haben eine jahrhundertelange Tradition als Arzneipflanzen bei Verdauungsbeschwerden und zur Unterstützung von Leber und Galle.

Aus der Familie der Enziangewächse sind der Gelbe Enzian (G. lutea) sowie das Tausendgüldenkraut (C. erythraeae) am bekanntesten. In den älteren, bis heute gültigen Nachschlagewerken von Johann Künzle [7], Sebastian Kneipp [9] und Alfred Vogel [10] gilt das Tausendgüldenkraut ebenfalls als zuverlässige Leberpflanze, jedoch ist es heute eher in Vergessenheit geraten. Der Gelbe Enzian ist vor allem auch als Bestandteil von Schnäpsen (Branntweinen) bekannt.

Auch wenn weitgehend dieselben Leberpflanzen in den verschiedenen Bereichen der medizinischen Landschaft (Schulmedizin, Hausmittel, Komplementär- und Alternativmedizin) verwendet werden, so ist teilweise eine gewisse Skepsis der rationalen Phytotherapie gegenüber der Volksheilkunde feststellbar. Dies mag unter anderem mit den manchmal recht abenteuerlich anmutenden Erklärungen und Begründungen bezüglich der Wirkung und Anwendung von Arzneipflanzen aus volksheilkundlicher Sicht zu tun haben. Laienvorstellungen, die oft in Bilder (Metaphern) oder Geschichten verpackt sind, erscheinen aus Sicht der rationalen Phytotherapie nicht plausibel und sind losgelöst aus dem kulturellen Kontext (z.B. Ritual) und aufgrund bruchstückhafter Überlieferung anhand chemischer Wirkstoffe und wissenschaftlicher Modelle nicht unbedingt nachvollziehbar.

In der Umgangssprache ist die Leber ein schillernder Begriff und wird wesentlich weiter gefasst als das Organ im engeren Sinne. Für die praktische Anwendung von Lebermitteln bewährt sich der Blick auf die Leber aus drei verschiedenen Perspektiven [11].

Die Leber als Stoffwechselorgan

Wenn die Leber als Organ infolge einer Infektion oder starker Überlastung durch Alkohol- oder Tablettenmissbrauch geschädigt ist, dann handelt es sich um eine schwere Erkrankung, die nicht allein mit Hausmitteln behandelt werden kann. Deshalb auch der Warnhinweis in Gesundheitsratgebern und Kräuterbüchern, dass bei Leberschäden unbedingt der Arzt zu konsultieren sei. Hausmittel können in diesem Fall in Absprache mit dem Arzt unterstützend eingesetzt werden. Sie ermöglichen dem Patienten einen individuellen Beitrag für seine Gesundheit zusätzlich zur ärztlich verordneten Therapie.

Die Entgiftungsfunktion der Leber

«Die Leber ist der Hauptblutreiniger des Körpers und damit in erster Linie für alle Stoffwechselunstimmigkeiten im Organismus verantwortlich» [7], S. 281[]. Diese prägnante Zusammenfassung von Kräuterpfarrer Johann Künzle ist in der Volksheilkunde bis heute gültig. Es ist durchaus sinnvoll, die Leber in ihrer Entgiftungsfunktion regelmässig und vorbeugend zu unterstützen. In diesem Sinne können «Blutreinigungskuren» ebenfalls zu den Lebermitteln gerechnet werden.

Für Alfred Vogel, den zweiten grossen Pionier der neueren Pflanzenheilkunde, hatte die Pflege der Leber sogar höchste Priorität: «Wenn wir also für eine gute Leberfunktion sorgen, ist dies weit wichtiger, als die ganze übrige Gesundheitspflege zusammengenommen sein kann» [12].

Die Leber als Metapher

Der Volksmund kennt verschiedene Aussprüche zur Leber wie etwa «mir ist etwas über die Leber gekrochen», «die Galle kommt hoch» oder «jemand reagiert gallig». Darin spiegelt sich die Vorstellung, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen den starken Emotionen Ärger bzw. Wut und der «Leber» gibt. Das beste Mittel, das die Volksheilkunde kennt, um eine vom Ärger krank gewordene Leber zu heilen, ist die Freude: «Triffst du einen Leberkranken, dann mach ihn mit der Freude bekannt; er wird es dir zu danken wissen» [12], S. 21, S. 793[].

Den Zusammenhang zwischen Leber und der Geschmacksrichtung «bitter» lässt sich ebenfalls aus der Perspektive der Metapher erklären. Die Volksheilkunde kennt den positiven Effekt von Bittermitteln auf die Leber schon lange, was im Sprichwort «bitter dem Mund, dem Magen gesund» auf den Punkt gebracht wird. Zugleich wird auch vermutet, dass umgekehrt die «Bitterkeit des Lebens», «der bittere Wermutstropfen» - wohl ein anderer Ausdruck für Sorge und Ärger - der Leber schwer zu schaffen macht. Wenn man nun mit zunehmendem Alter vermehrt mit der Bitterkeit des Lebens konfrontiert wird, so äussert sich das einerseits darin, dass man die Geschmacksrichtung bitter mit zunehmendem Alter mehr schätzt als in jungen Jahren. Andererseits trifft man auch auf die Vorstellung, dass man sich durch den regelmässigen Genuss von bitteren Pflanzen gewissermassen auf die «Bitterkeiten des Lebens» vorbereiten kann, die Leber entsprechend weniger durch Sorgen und Ärger geschädigt wird und sich die «Verbitterung» im Alter vermeiden lässt. Sollte aus den bitteren Lebenserfahrungen gar eine «leberbedingte Erschöpfung» hervorgehen, so helfen auch in diesem Falle Bittermittel zuverlässig. Die allgemein anregende und kräftigende Wirkung von Bittermitteln (Amara) bei Erschöpfungszuständen wird auch in einschlägigen Phytotherapie-Lehrbüchern [13] erwähnt. Dass es sich bei diesen bildhaften Vorstellungen um mehr als zufällige Wortspielereien handelt, wird in Gesprächen mit älteren Menschen oft aus deren persönlicher Erfahrung bestätigt.

Lebermittel werden in der Volksheilkunde wie auch der Naturheilkunde in der Regel vorbeugend zur «Leberpflege» eingesetzt. Das heisst, es wird viel daran gesetzt, dass es gar nicht erst zu Lebererkrankungen kommt, die in ärztliche Behandlung gehören. Dazu eignen sich besonders die sogenannten Frühjahrskuren. Zwei Varianten davon sind:

(1) Leber-Gallen-Kur nach Sigrist [14]: «Zur Reinigung des Leber- und Gallensystems sollten wir jährlich 2- bis 3-mal eine Trinkkur von 1 bis 2 Wochen mit leberwirksamen Kräutern machen.» - Aktuell wird diese Form auch als «Detox Smoothies» angepriesen.

(2) Frühjahrskur nach Vogel: «Uns allen ist noch ein Wildsalat, der die Leber sehr günstig beeinflusst, bekannt, nämlich der junge Löwenzahnsalat. Solange er noch fein und zart ist, sollte er täglich als Salat zubereitet werden» [12].

Der Genuss von Löwenzahnsalat im Frühling ist wohl nicht nur in den Schweizer Berggebieten eine weithin verbreitete Sitte [15,16]. Dieser Brauch hat gerade auch in jüngster Zeit mit dem steigenden Interesse an essbaren Wildpflanzen einen neuen Aufschwung erhalten. Auch in Süditalien und den Mittelmeergebieten ist der Genuss von bitteren Frühlingskräutern bis heute eine lebendige Tradition [17].

Ergänzt wird der bittere Frühlingssalat durch spezielle Leber-Galle-Teemischungen, die gallensafttreibend und verdauungsfördernd wirken und allgemein bei Verdauungsstörungen empfohlen werden. Als zentralen Bestandteil enthalten sie in der Regel Löwenzahnblätter und -wurzeln, des Weiteren Wegwarte, Pfefferminze, Wermut, Schafgarbe und andere. Die jeweils empfohlene Menge beträgt 2-3 Tassen pro Tag.

Selber getrocknete Kräuter aus dem eigenen Garten werden eher als Einzeltee zubereitet oder zu Mischungen von lediglich 2-3 Kräutern zusammengestellt. Aus dem Kräutergarten sind bei Leberschwäche Pfefferminze, Melisse, Wermut und Kamille bewährt und empfohlen.

Der sogenannte «Drei-Wurzel-Tee» (Leber-Galle-Milz-Tee) ist ein aus dem Allgäu überliefertes Rezept [18]. Es wird ein Dekokt zu gleichen Teilen aus Löwenzahn-, Wegwarten- und Klettenwurzeln zubereitet.

Anstelle von Kräutertees werden auch Leber-Galle-Tropfen (Tinkturen, alkoholische Auszüge) verwendet, da sie einfacher in der Handhabung sind und die Teezubereitung entfällt. Typischerweise enthalten sie: Löwenzahn (T. officinale), Artischocke (C. scolymus), Mariendistel (S. marianum) und Wegwarte (C. intybus) als Einzeltinkturen oder Mischungen.

Die inneren Massnahmen werden mit Vorteil auch durch äussere Anwendungen ergänzt. Bekannt sind dabei vor allem die Leberwickel und Kompressen. Im Vordergrund steht hierbei die Zufuhr von feuchter Wärme, was durch verschiedene Pflanzenzusätze wie Schafgarbe, Heublumen oder Kartoffeln unterstützt werden kann. Unter den Wickelfachpersonen gilt die feuchtwarme Schafgarben-Kompresse als Klassiker bei der Leberunterstützung (Abb. 5) [19,20].

Fig. 5

Material für die Zubereitung einer feuchtwarmen Schafgarben-Leberkompresse (Copyright: Franco und Maja Dal Cero).

Fig. 5

Material für die Zubereitung einer feuchtwarmen Schafgarben-Leberkompresse (Copyright: Franco und Maja Dal Cero).

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Zubereitung: Einen halben Liter kochendes Wasser über 1-2 Teelöffel Schafgarbenkraut giessen und 5 min zugedeckt ziehen lassen. Den noch heissen Aufguss über einen zusammengerollten Waschlappen oder eine zusammengefaltete Gazewindel giessen. Den Waschlappen gut auswringen (in einem Frottiertuch oder mit Gummihandschuhen), sodass der Waschlappen nicht mehr nass ist. Den heissen Waschlappen auf die Lebergegend legen, mit einem Tuch bedecken und die Kleider wieder darüberziehen. Eine wenig gefüllte Wärmeflasche auflegen und eine halbe Stunde ruhen, solange die Kompresse warm ist. Leberwickel werden nicht nur zur unterstützenden Behandlung von Leberbeschwerden eingesetzt, sondern auch bei Verdauungsschwäche, Erschöpfung oder depressiver Verstimmung. Bei dieser äusseren Anwendung ist besonders darauf zu achten, dass es sich um eine wohltuende Anwendung handeln soll.

Als zentrale Massnahme bei allen Leberbeschwerden ist eine Ernährungsumstellung mit Verzicht auf Alkohol (im Übermass) und fettreiche Speisen nicht zu vergessen. Und wer den Ausspruch «Die Freude ist das vitalste Element» von Hildegard von Bingen beherzigt, der hat einen weiteren wichtigen Beitrag zur Lebergesundheit geleistet.

Zur Unterstützung der Leber steht eine breite Auswahl an bitteren und aromatischen Heilpflanzen zur Verfügung. Auch wenn «die Leber/Leberbeschwerden» in den einzelnen Bereichen der medizinischen Landschaft der Schweiz unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert wird/werden, so kommen oft die gleichen Pflanzen zur Anwendung: Gelber Enzian, Löwenzahn, Mariendistel oder Schafgarbe.

Der Artikel ist im Zusammenhang mit dem Referat «2000 ans de phytothérapie en Suisse - exemples et remèdes cholagogues», für den Journée Romande de Phytothérapie am 8. Juni 2017 in Genf entstanden und basiert weitgehend auf einer Aktualisierung und Ergänzung des Referates «Hausmittel für die Leber», das am 20.11.2008 im Rahmen der SMGP-Jahrestagung gehalten wurde [21].

1.
Dal Cero M, Saller R, Weckerle CS: The use of the local flora in Switzerland: a comparison of past and recent medicinal plant knowledge. J Ethnopharmacol 2014;151:253-264.
2.
Dal Cero M, Saller R, Weckerle CS: Herbalists of today's Switzerland and their plant knowledge. A preliminary analysis from an ethnobotanical perspective. Forsch Komplementmed 2015;22:238-245.
3.
Dal Cero M: Swiss medicinal flora: a result of knowledge transmission over the last two millennia. PhD-Thesis. Universität Zürich, 2016.
4.
EMA (European Medicines Agency): European herbal monographs. 2014. www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=/pages/medicines/landing/herbal_search (letzter Zugriff: Oktober 2014).
5.
European Scientific Cooperative on Phytotherapy: The Scientific Foundation for Herbal Medicinal Products, ed 2. ESCOP Monographs. Stuttgart, Thieme, 2003.
6.
European Scientific Cooperative on Phytotherapy: The Scientific Foundation for Herbal Medicinal Products: Supplement. ESCOP Monographs. Stuttgart, Thieme, 2009.
7.
Künzle J: Das grosse Kräuterheilbuch. Ratgeber für gesunde und kranke Tage, ed 23. Olten, Walter, 1967.
8.
Tabernaemontanus Jacobus Theodorus: Kräuterbuch. 1625. www.kraeuter.ch.
9.
Kneipp S: Meine Wasserkur. So sollt ihr leben, ed 7. Stuttgart, Haug, 2004.
10.
Vogel A: Die Leber reguliert die Gesundheit, ed 23. Teufen, A. Vogel AG, 2006, p 21.
11.
Saller R: Entgiftung: Mariendistel, Traditionen und Moderne. Vorlesungsunterlagen Ethnobotanik und Naturheilkunde. CAS Ethnobotanik und Ethnomedizin. Universität Zürich, 2008.
12.
Vogel A: Der kleine Doktor, ed 71. Teufen, A. Vogel, 2004.
13.
Weiss RF, Fintelmann V: Lehrbuch der Phytotherapie, ed 12. Stuttgart, Hippokrates, 2009.
14.
Sigrist A: Appenzeller Naturarztpraxis. Appenzell, Appenzeller Verlag, 2001, p 149.
15.
Brühschweiler S: Plantes et Savoirs des Alpes: L'exemple du Val d'Anniviers. Sierre, Monographic SA, 2008.
16.
Wegmann U: Ethnobotanik im Prättigau. Medizinalpflanzen - Nutzung und Wissen. Master Thesis. Universität Zürich, 2013.
17.
Nebel S, Pieroni A, Heinrich M: Ta chòrta: wild edible greens used in the Graecanic area in Calabria, Southern Italy. Appetite 2006;47:333-342.
18.
Fischer-Rizzi S: Medizin der Erde, ed 7. Aarau, AT, 2005.
19.
Fingado M: Therapeutische Wickel und Kompressen. Dornach, Natura, 2001.
20.
Brumm V, Ducommun-Capponi M: Wickel und Kompressen. Aarau, AT, 2011.
21.
Dal Cero M: Was kann die Volksmedizin zum therapeutischen Wissen beitragen? Ars Medici Thema Phytotherapie 1/2014.
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