Abstract
Purpose: To report a case of cicatricial ectropion and madarosis with the use of anti-epidermal growth factor receptor medication panitumumab. Observations: An 82-year-old man with metastatic colorectal cancer presented with cicatricial ectropion and madarosis after starting panitumumab, an anti-epidermal growth factor receptor medication used to treat metastatic colorectal cancer. His findings resolved several weeks after discontinuation of panitumumab and treatment with lubrication and antibiotic/steroid ointment. Conclusion: This case demonstrates the importance to consider potential medication side effects when treating periocular conditions in patients taking anti-epidermal growth factor receptor (anti-EGFR) agents.
Abstract aus Jin HD, Blessing NW: Cicatricial ectropion and madarosis associated with panitumumab treatment of metastatic colorectal cancer. Am J Ophthalmol Case Rep. 2020;19:100810.
Transfer in die Praxis von Prof. Dr. Eckart Bertelmann (Berlin)
Hintergrund
Okuläre Nebenwirkungen moderner antikörperbasierter onkologischer Therapien sind außerordentlich vielfältig.
Panitumumab ist ein monoklonaler Antikörper, der gegen den epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR) gerichtet ist. Er ist zur Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms zugelassen.
Da alle normalen Epithelzellen auch EGFR exprimieren, gehören Hautreaktionen zu den häufigsten Nebenwirkungen dieser Therapie. Dazu gehören: Rötung, Dermatitis, Hautjucken und Ausschlag. Als mögliche Nebenwirkungen am Auge wurden in früheren Publikationen Sicca-Symptomatik, Blepharitis, Trichomegalie und Lidrötung angegeben [1].
Ein weiterer gegen den EGFR gerichteter monoklonaler Antikörper ist Cetuximab. Dieser wird ebenso zur Therapie des fortgeschrittenen kolorektalen Karzinoms in Kombination z.B. mit Irinotecan eingesetzt. Cetuximab ist auch in Kombinationstherapien z.B. mit Bestrahlung zur Behandlung von fortgeschrittenen bzw. rezidivierenden oder metastasierenden Plattenepithelkarzinomen von Kopf und Hals zugelassen.
Mögliche Nebenwirkungen sind ebenfalls Hautreaktionen, außerdem Mukositis, Magnesiummangel, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Fatigue, Anstieg der Leberenzyme und Appetitlosigkeit. Als okuläre Nebenwirkung wurde Konjunktivitis beschrieben.
Methode
Fallbericht.
Ergebnisse
Unter einer systemischen Panitumumab Therapie trat ein Narbenektropium auf. Dieses bildete sich innerhalb von Wochen unter Pausierung der Medikation zurück.
Diskussion
Okuläre Nebenwirkungen moderner antikörperbasierter onkologischer Therapien sind außerordentlich vielfältig. Aufgrund der relativen Neuartigkeit dieser Therapieformen ist das Wissen über mögliche okuläre Nebenwirkungen noch in der Entwicklung. EGFR-Antikörper können insbesondere hautassoziierte (Lidhaut, Lidkante, Bindehaut) Nebenwirkungen auslösen. Bei milder, nicht visusbedrohender Symptomatik (Lidhautrötung, Blepharitis usw.) müssen die okulären Nebenwirkungen nicht zur Unterbrechung der onkologischen Therapie führen.
Andere neuere systemische monoklonale Antikörper, in onkologischer Hinsicht hochwirksame Therapien (z.B. Checkpoint-Inhibitoren) können zu sehr schweren okulären Nebenwirkungen führen. Immuncheckpoint-Inhibitoren werden bei verschiedenen Tumor-entitäten wie dem Lungenkarzinom, dem Nierenzellkarzinom, dem Merkelzellkarzinom, dem Hodgkin-Lymphom und dem Blasenkarzinom oder bei speziellen Patientenpopulationen, z.B. mit Mikrosatelliteninstabilität eingesetzt [2]. Bei Patienten mit metastasiertem Melanom konnten der Anti-CTLA-4-Antikörper Ipilimumab (CTLA-4 = cytotoxic T lymphocyte-associated protein 4), die Anti-PD-1-Antikörper Nivolumab oder Pembrolizumab (PD-1 = programmed cell death protein 1) und die Kombinationstherapie (Ipilimumab/Anti-PD-1-Antikörper) das Überleben verlängern [2].
Schwere okuläre Nebenwirkungen der Checkpoint Inhibitoren können Keratokonjunktivitiden mit Hornhauteinschmelzung und potenziellem Erblindungsrisiko sein. Eine weitere potenziell gefährliche okuläre Nebenwirkung der Checkpoint-Inhibitoren ist die intermediäre Uveitis.
Fazit für die Praxis
Okuläre Nebenwirkungen systemischer onkologischer Antikörpertherapien müssen bei der Beurteilung von Erkrankungen des Augenvorderabschnitts und der Periokularregion berücksichtigt werden. Bei milder Ausprägung kann eine Pausierung der Medikation zu einer weitgehenden Rückbildung der Symptomatik führen. Schwere okuläre Nebenwirkungen neuer antikörperbasierter onkologischer Therapie z.B. von Checkpoint-Inhibitoren können operative Interventionen wie Keratoplastik à chaud und/oder Bindehautdeckung bei einschmelzender Keratitis erfordern.
Disclosure Statement
Zu diesem Text gibt es keine Interessenskonflikte.